6. Wie bewerten Sie die bisherige Arbeit der Stiftung Sächsische Gedenkstätten im Bezug auf die NS-Diktatur unter der aktuellen Geschäftsführung?Wie bewerten Sie die Ergebnisse des Evaluationsprozesses zur Stiftungsarbeit? Welche Konsequenzen wollen Sie anhand dessen ziehen?

19. August 2019

CDU: Gedenkstättenarbeit ist ein sehr sensibles und zugleich höchst wichtiges Thema. Es ist Aufgabe der Stiftung, beiden Diktaturen in Deutschland würdig zu gedenken und die Erinnerung an die Verbrechen wach zu halten. Dies ist in Deutschland eine aus Sicht der CDU beispielgebende Herangehensweise, welche es möglich macht, die Gefahren für die Demokratie, welche in Diktaturen jeden Anstriches führen können, ganzheitlich zu betrachten. Die Stiftung leistet insgesamt eine sehr gute und sehr engagierte Arbeit. Die

Evaluation der Stiftung konnte jetzt nach zwei Jahren abgeschlossen werden. Es ist nun die Aufgabe des Stiftungsrates, die aus der Evaluation sich ergebenden Handlungsempfehlungen zu bewerten und die Notwendigkeit der Umsetzung der jeweiligen Empfehlungen zu bewerten. Zu den Empfehlungen der Evaluation gehört unter anderem die Erarbeitung und Verabschiedung eines Entwicklungskonzepts der Stiftung.

DIE LINKE: Der Stiftungsrat der Stiftung Sächsische Gedenkstätten hat beschlossen, dass die Stiftungsarbeit durch Sachverständige evaluiert werden soll. Anlass dazu gaben unter anderem Kritik an der Schwerpunktsetzung der Stiftungstätigkeit, in der die Aufarbeitung der NS-Diktatur unterrepräsentiert sei, sowie der Führungsstil von Gedenkstättenchef Siegfried Reiprich. Zwei Beispiele: Der „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten“ verweigerte Reiprich die Nutzung von Räumlichkeiten in der Gedenkstätte Bautzen. Die Bundes-vereinigung Opfer der NS-Militärjustiz stellte im Dezember 2016 ihre Mitarbeit am Ausstellungsprojekt „Spuren des Unrechts“ in Torgau ein. Wir begrüßten den Beschluss sehr. Schließlich hatten wir schon im Februar 2016 eine solche Untersuchung gefordert, und zwar durch eine Kommission, die mit externen Fachleuten aus der historischen Forschung und der Gedenkstättenarbeit in anderen Bundesländern be-setzt ist (Landtags-Drucksache 6/4433). Angesichts der Herausforderungen für die künftige Gedenkstättenarbeit, vor allem aber wegen der Querelen in der Stiftung ist eine Überprüfung dringend geboten. Arbeit und Funktionsweise der Stiftung wurden seit ihrer Gründung 1994 nicht evaluiert, obwohl das bei vergleichbaren Einrichtungen üblich ist.

Schon das Vergabeverfahren entsprach allerdings nicht den Anforderungen an eine Evaluation. Dementsprechend erweist sich auch das Ergebnis der Evaluation als unzureichend. DIE LINKE will die Tätigkeit der Stiftung „Sächsische Gedenkstätten zur Erinnerung an die Opfer der politischen Gewaltherrschaft“ auf eine neue gesetzliche Grundlage stellen. Nur durch eine Änderung der Konstruktion der Stiftung im Sinne der NS-Opferverbände kann die Arbeitsfähigkeit der Stiftung wiederhergestellt werden. Deren Eckpunkte sind:

  • Jedwede Relativierung, Verharmlosung oder gar Nivellierung der Verbrechen des Nationalsozialismus durch die Gleichsetzung mit nach dem Ende des „Dritten Reiches“ begangenem Unrecht im Zuge der Stiftungstätigkeit muss ausgeschlossen sein.
  • Eine tatsächlich integrale Gedenkstättenarbeit in Sachsen ist zu ermöglichen und für die Zukunft ein Gedenken und Erinnern zu gewährleisten, das dem Verfassungsauftrag aus Artikel 117 der Verfassung des Freistaates Sachsen gerecht wird, die Ursachen individuellen und gesellschaftlichen Versagens in der Vergangenheit aufzuhellen und abzubauen sowie die Folgen verletzter Menschenwürde zu mindern und dabei den Unterschieden zwischen dem von den Nationalsozialisten begangenen Völker-mord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zum einen und den Verstößen gegen Menschenrechte und Repressionen in der DDR zum anderen Rechnung zu tragen.
  • Die staatlich dominierte Erinnerungskultur, wie sie an der bisherigen Struktur des Stiftungsrates angelegt ist, muss zu-gunsten einer größeren Selbstverantwortung der Betroffenenverbände zurückgenommen werden.

GRÜNE: Die Weiterentwicklung der Gedenkstätten als historisch-politische Lernorte vor allem für junge Menschen ist enorm wichtig für die Förderung der Demokratie. Die aktuellen Ereignisse in Sachsen verdeutlichen, dass eine Stärkung der Erinnerungskultur und das Gedenken und Aufarbeiten der NS-Diktatur in Sachsen dringend notwendig ist. Es gibt ein klares Defizit der sächsischen Gedenkkultur hinsichtlich der Zeit des Nationalsozialismus. Es werden viel zu wenig Projektmittel der Stiftung Sächsische Gedenkstätten für Projekte zur Aufarbeitung der Zeit des Nationalsozialismus zur Verfügung gestellt. Der Aufbau der Gedenkstätte KZ Sachsenburg kommt nicht voran, stattdessen wird die Kooperation mit der LAG und Geschichtswerkstatt bzw. Initiative Klick aufgekündigt.

Einer längerfristigen strategischen Planung und inhaltlichen Schwerpunktsetzung der Stiftungsarbeit, einer Leitbildentwicklung sowie verbesserter Kommunikation und Zusammenarbeitskultur in der Stiftung können sich die Gremien der Stiftung und ihr Geschäftsführer nach der Vorlage des Evaluationsberichts nicht länger verweigern. Die Arbeit der Stiftung Sächsische Gedenkstätten kann ohne eine Entwicklungskonzeption nicht langfristig erfolgreich sein.

FDP: Wir stehen hinter der Arbeit der Stiftung Sächsische Gedenkstätten, die sich um eine Erinnerung an die Opfer deutscher Diktaturen im 20. Jahrhundert bemüht. Die Verbrechen der Nationalsozialisten dürfen nicht vergessen oder relativiert werden. Zur geschichtlichen Einordnung begrüßen wir es sehr, dass die Stiftung aufzeigt, wie in einem Land die Entwicklung von dem einem menschenverachtenden System in kürzester Zeit in eine andere Diktatur erfolgen kann.

DIE PARTEI: Wählbar. Die aktuelle Gedenkpolitik und Trauermärsche (z.B. Chemnitz) könnten dem ein oder anderen Sorgen bereiten. Um der vorherrschenden Volksdemenz Einhalt zu gebieten, gibt es sicher bessere Zusammensetzungen des Sitzungsrats.

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