7. Welche Positionen vertritt Ihre Partei zu den benannten Gedenkstätten? Für welche weiteren Gedenkstätten im Bereich NS-Diktatur sehen Sie besonderen Handlungsbedarf?
19. August 2019
CDU: Sachsen hat zahlreiche Orte besonderer Geschichte des Gedenkens an die Verbrechen des 20. Jahrhunderts. Eine einseitige Bewertung auf den Bereich des Nationalsozialismus soll vermieden werden, da gerade in Sachsen in seiner Geschichte deutlich wird, dass Diktaturen ineinander übergehen und auch aus dieser Erkenntnis wichtige Schlüsse für die Demokratiebildung und Gedenkkultur geschlossen werden können und müssen. Deshalb ist die politische Bedeutung der Gedenkorte aus beiden deutschen Diktaturen hoch und
ungebrochen. Mit dem Sächsischen Gedenkstättengesetz als Regelwerk und den handelnden Institutionen, der Stiftung Sächsische Gedenkstätten und dem Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung, sind ausgezeichnete Grundlagen für eine systematische Untersuchung von Nationalsozialismus und Kommunismus sowie für das würdige Gedenken gelegt.
Um die Gedenkstättenarbeit noch stärker zu unterstützen, hat die CDU-Landtagsfraktion dazu beigetragen, die Mittel für die Stiftung im aktuellen Doppelhaushalt um rund 500 T€ und vier zusätzliche Stellen zu erhöhen.
DIE LINKE: DIE LINKE fordert die „Stiftung Sächsische Gedenkstätten zur Erinnerung an die Opfer politischer Gewaltherrschaft“ gemäß ihrer Aufgaben nach § 2 Absatz 1 des Sächsischen Gedenkstättenstiftungsgesetzes (SächsGedenkStG) auf, darauf hinzuwirken, dass den Orten Colditz, (Burg) Hohnstein und Sachsenburg die erforderliche organisatorische, personelle, finanzielle und konzeptionelle Unterstützung gewährt wird, um auf dem Gelände der einstigen Frühen Konzentrationslager die noch vorhandenen baulichen Anlagen zu erhalten und die materiellen Zeugen zu sichern. Es sollen Gedenkstätten eingerichtet werden, die an das „System der frühen Konzentrationslager in Sachsen von 1933-1937“ und die Leiden sowie den Widerstand und die Solidarität unter den Lagerhäftlingen erinnern.
Die sog. „Frühen Konzentrationslager“ sind authentische Orte der Erinnerung an die NS-Verbrechen. Über Sachsen erstreckte sich, wie ei-ne jüngste, äußerst verdienstvolle Publikation feststellt, „ein sehr dichtes Netz von Lagern und Schutzhaftgefängnissen“ in „79 Kommunen mit insgesamt 110 Haftstätten“. „Bis Mitte 1937 waren in den Frühen Konzentrationslagern Sachsens mehr als 30.000 Häftlinge inhaftiert. (S. 252) „Die vier bedeutendsten befanden sich, laut Stiftung Sächsische Gedenkstätten, in Hohnstein, Sachsenburg, Colditz und Zwick-au-Osterstein“. Das „System der Frühen Konzentrationslager“ ist wissenschaftlich wenig erforscht und einer breiteren Öffentlichkeit un-bekannt. In der Gedenkpolitik des Freistaates spielen die Frühen Konzentrationslager lediglich eine untergeordnete Rolle, obwohl sie für die Formierungsphase der NS-Herrschaft von großer Bedeutung waren. Der Gedenkstätten-Rundbrief 3/2008 stellt auf S. 28 fest: „Die memoriale Markierung und die museale Erschließung der Orte ehemaliger früher Konzentrationslager in Sachsen ist nach wie vor unbefriedigend“. „Die vielerorts vergessene Geschichte dieser Lager in Erinnerung rufen“ und „zur weiteren Erforschung der Lager, zur lokalen Spurensuche und zur Neugestaltung der Gedenkstatten und Memoriale ermutigen“ war das Ziel einer von der Stiftung Sächsische Gedenk-stätten seinerzeit erarbeiteten Wanderausstellung. Seither ist nichts dergleichen mehr versucht worden. Das Vorhaben dürfte folglich als gescheitert zu betrachten sein. Trotz der enormen erinnerungspolitischen Bedeutung der Frühen Konzentrationslager in Sachsen drohen die baulichen Überreste und materiellen Zeugen an die Verbrechen des NS-Regimes zu verschwinden. Das Wenige, was zu deren Erhalt geschehen ist, ist engagierten Bürgerinnen und Bürgern zu verdanken.
DIE LINKE fordertdie Stiftung Sächsische Gedenkstätten daher auf, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um in Zusammenarbeit mit den örtlichen Akteuren den Verfall der baulichen Substanz Früher Konzentrationslager zu stoppen, die materiellen Zeugen zu sichern und an den einstigen Folterstätten Gedenkorte einzurichten. Damit käme die Stiftung Sächsische Gedenkstätten ihrem gesetzlichen Auftrag nach, „die Opfer der nationalsozialistischen Diktatur zu ehren“ und „den Widerstand gegen diese Diktatur zu würdigen“.
GRÜNE: Der Aufbau von Gedenkstätten in Kooperation mit zivilgesellschaftlichen Akteuren ist in Sachsen seit Novellierung des Gedenkstättengesetzes im Jahr 2012 gesetzlicher Auftrag. Dieser wurde bisher unzureichend umgesetzt. Dabei ist z.B. die historische Bedeutung des ehemaligen KZ Sachsenburg kaum zu überschätzen. Dieser Ort steht für das Kalkül der politischen Verfolgung im Nationalsozialismus und für die grauenvolle Experimentierfreudigkeit beim Aufbau des KZ-Wesens. Es ist ein Ort, an dem die Strukturen von Naziverbrechen vorbereitet wurden. Es wird Zeit, dass endlich alle Hebel für die Errichtung einer Gedenkstätte in Bewegung gesetzt werden. Auch für andere authentische Orte und bisher unzureichend geförderte Gedenkstätten, wie z.B. die Gedenkstätte Zwangsarbeit Leipzig muss die Förderung erhöht werden. Außerdem braucht es eine Stiftungsleitung, die proaktive Beratung zu Förderanträgen und Konzeptentwicklungen für den Aufbau neuer Gedenkstätten im Bereich NS-Diktatur voranbringen will. Die ist unter dem aktuellen Geschäftsführer nicht erkennbar.
FDP: Wir fördern Gedenkstätten und Erinnerungsorte, an denen Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen wurden. Die Verbrechen der Nationalsozialisten und der SED-Diktatur dürfen nicht vergessen werden. Vorrangig sehen wir den Erhalt der bestehenden Einrichtungen als prioritär an. Sukzessiv können bei guten und nachhaltigen Konzepten weitere Gedenk-und Erinnerungsorte hinzutreten.
DIE PARTEI: Ein besonderer Handlungsbedarf lässt sich an jedem dieser Orte erkennen. Viel dringlicher wäre für uns Nazis auf gedenkwürdigen Geländen keine Kampf-/Sauf-/Vernetzungs- und Partyveranstaltungen zu gönnen. Stichwort: Kamenzer Straße Leipzig.