1. Todestag unseres Kameraden Justin Sonder

3. November 2021

heute anlässlich des 1. Todestages unseres Kameraden Justin Sonder möchten wir an ihn erinnern:

Justin Sonder wurde am 18. Oktober 1925 in Chemnitz als Sohn einer Hausfrau und eines Kaufmanns und Weinvertreters geboren. Sein Vater kämpfte im Ersten Weltkrieg für Deutschland und wurde mit dem Eisernen Kreuz dekoriert. Das verlor mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten an Wert. Bereits in seiner Kindheit war er mit wachsendem Antisemitismus konfrontiert, erlebte in Chemnitz die Pogromnacht am 9. November 1938. Ab 1938 muss er den Zusatznamen Israel tragen. Später erlernte den Beruf des Kochs und musste von Herbst 1941 bis Februar 1943 Zwangsarbeit in einem Rüstungsbetrieb in Chemnitz leisten. Am 27. Februar 1943 wurde Justin Sonder verhaftet und ins Konzentrationslager Auschwitz deportiert. Es folgten körperliche Attacken, Zwangsarbeit und die Verhaftung der Eltern. Er überlebte das Vernichtungslager mit seinen unvorstellbare Zustände, Hunger, Schläge, Zwangsarbeit und insgesamt 17 Selektionen sowie den Todesmarsch nach Flossenbürg. In mehreren Todesmärschen gelangte Justin Sonder schließlich im April 1945 ins fränkische Wetterfeld, wo er am 23. April 1945 durch die amerikanische Armee befreit wurde. Am 19. Juni 1945 kehrt Justin Sonder gemeinsam mit seinem Vater in seine Heimatstadt zurück, wo er seitdem bis zu seinem Tod lebte.

Justin Sonder erhielt im Jahr 2008 den Ehrenpreis des Chemnitzer Friedenspreises. Als mit Christian Wulff im Januar 2011 erstmals ein Bundespräsident in Auschwitz sprach, zählte Justin Sonder zu den Mitgliedern seiner Delegation. Im Jahr 2015 erhielt Justin Sonder die Ehrenmedaille des Internationalen Auschwitz-Komitees. Damit gehört der Chemnitzer zu weltweit rund 400 in dieser Form Ausgezeichneten. Die Ehrung wird an jene verliehen, die sich als Überlebende nach ihrer Zeit im Konzentrationslager nicht in Schweigen zurückgezogen, sondern ihre Stimme erhoben haben, um Aufklärungs- und Präventionsarbeit zu leisten.

Justin Sonder war ein gefragter Gesprächspartner, der von Schulen und Vereinen eingeladen wird. Er berichtete seinen Zuhörern von den dunkelsten Zeiten der deutschen Geschichte. Damit leistete er einen wertvollen und unbezahlbaren Beitrag zur Mahn- und Erinnerungskultur.

Die Stadt Chemnitz verlieh am 21. April 2017 im Rahmen eines Festaktes die Ehrenbürgerschaft an Justin Sonder in Anerkennung seines unermüdlichen Engagements, mit dem er als einer der wenigen Auschwitz-Überlebenden und als einer der letzten Zeitzeugen überhaupt die Erinnerung an die Gräueltaten des nationalsozialistischen Regimes wachhält.

Justin Sonder verstarb am 3. November 2020 im Alter von 95 Jahren.