Referat des Landesvorstandes

21. Mai 2016

Referat zur 12. Landesdelegiertenkonferenz (23. April 2016)

Liebe Kameradinnen und Kameraden, verehrte Gäste

Fast auf den Tag genau vor 71 Jahren schworen 21.000 Buchenwald-Häftlinge, die den deutschen Faschismus überlebten, die Gräuel, Qualen und Verfolgungen hinter sich ließen: „Wir stellen den Kampf erst ein, wenn auch der letzte Schuldige vor den Richtern der Völker steht! Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel. Das sind wir unseren gemordeten Kameraden, ihren Angehörigen schuldig.“

Diese Losung und diese Mahnung waren ein humanistischer Weckruf an die gesamte Menschheit, die Welt nie wieder mit Hass, Ränkespielen, Gewalt und Krieg zugunsten sozial und national herrschender Gruppierungen und zu Lasten der Menschheit und Völker zu verändern. Über Jahrzehnte keimte Hoffnung. Zumindest Europa schien befriedet zu sein.

Heute, nachdem alles auf ein geeintes freiheitlich-demokratisches, friedliebendes Deutschland und auf ein einheitliches, friedliches Europa setzte, sind wir meilenweit davon entfernt. Nicht nur in Europa, sondern überall erschüttern Krisen die Welt. Kriege, Interventionen, Bürgerkriege, dazu noch terroristische Akte wüten im Prinzip auf jedem Kontinent. Verfolgung, Vertreibung und Elend gehören zum Alltag. Sechs Millionen Menschen befinden sich weltweit auf der Flucht. Politisches und ökonomisches Machtstreben sowie Maximierung des Kapitalertrags führen zu drastischer Umverteilung der erarbeiteten Gewinne. Rüstungsproduktion und Rüstungsexporte leisten dazu einen entscheidenden Anteil. Und Deutschland ist nicht nur mittendrin, sondern führend. Insgesamt werden die Reichen immer reicher, die Armen immer ärmer.

Ausgehend von diesem Szenario verändert sich international und national das Leben nicht nur in Deutschland, sondern auf der Welt in raschen Schritten. Neue Denkprozesse der Menschen sind im Gange, die oft an altem, an rechtem Gedankengut anknüpfen. Sie werden in der westlichen Welt, auch in Deutschland, geprägt von einer diffusen Angst vor einer Einbuße persönlicher Lebensqualität, von nationaler Abschottung und Rufen nach einem autoritären Staat. Ein Rechtsruck, auf den wir schon lange hingewiesen haben, vollzieht sich unübersehbar und beschleunigt. Er schließt explizit den Abbau demokratischer Rechte ein.

Die letzten, aber offenkundigsten Zeichen dafür waren die Wahlen zu den Landtagen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt. Obwohl sie über kein Programm verfügte, verbuchte die Alternative für Deutschland mit ihrem politischen Gedankengemisch, das vor allem rechts und rechtspopulistisch – wie gegenwärtig zum Islam – angelegt ist, fast aus dem Stand heraus zweistellige Prozentwerte. In Sachsen-Anhalt erreichte sie mit knapp einem Viertel der Wählerstimmen sogar den zweiten Platz unter allen wählbaren Parteien.

Und wie sieht das in Sachsen aus? Zwei Legislaturperioden war die NPD im Sächsischen Landtag vertreten, und dem folgte bereits seit 2014 die AfD mit 14 Abgeordneten als Fraktion in das Landesparlament. Wie sich das rechte und rechtspopulistische Denken in den letzten Jahren in Sachsen entwickelt hat, lässt sich an vielen Dingen und Ereignissen nachweisen. Sowohl die neofaschistische NPD als auch die AfD verfügen über eine relativ breite Unterstützung in der Bevölkerung Sachsens und einen infrastrukturellen Hintergrund. Die rechte Szene organisiert sich seit langem um oder neu. Es existieren mehrere Gruppierungen und Kameradschaften wie etwa die „Initiative Heimatschutz“. Auch neue Parteien, wie der „Dritte Weg“ oder die „Rechte“, versuchen sich zu etablieren und scharen Kameradschaften um sich. Viele Immobilien sind in Besitz oder Pacht von Neonazis. Sachsen ist Dreh- und Angelpunkt der neonazistischen Musik-, Publikations- und Vertriebsszene. Was sind deren „Wertvorstellungen“? Inhaltlich soll der Staat die ethnisch-rassisch homogene „Volksgemeinschaft“ ausdrücken und von Führern geleitet werden; das deutsche Volk soll vor der „Integration rassisch minderwertiger Ausländer und Völkervermischung“ bewahrt werden. Antisemitismus findet in Theorien wie „jüdischer Weltverschwörung“ oder „jüdisch dominierter Weltwirtschaft“ seinen Niederschlag. Geschichtsrevisionismus und Leugnung des Holocausts gehören dazu.

Sind das nicht die gleichen Parolen und Muster, wie sie bei den seit Ende 2014/2015 stattfindenden Demonstrationen von PEGIDA und ihren Ablegern von den Rednertribünen zu den Demonstranten gerufen und von diesen aufgegriffen werden? Und sind das nicht auch die scharfmacherischen Worte für Übergriffe auf Flüchtlingsunterkünfte und Flüchtlinge?

Während für uns aus historischer Erfahrung immer Humanität und Solidarität mit den Flüchtlingen im Vordergrund steht, weil unsere deutschen Emigranten diese in den Jahren 1933 bis 1945 selbst erfahren haben. Während wir für eine solidarische Menschengemeinschaft stehen, bestimmen immer stärker fremdenfeindliche, rassistische und religiöse Äußerungen das Meinungsbild. Sind hier nicht Parallelen zur Weimarer Republik zu sehen?

Parlament, Regierung und Justiz des Freistaates Sachsen sind an dieser Situation nicht unschuldig. Viel zu lange waren sie auf dem rechten Auge blind. Bis heute setzen sie auf Gleichsetzung von Rechts und Links, von „Drittem Reich“ und DDR. Viel zu viel – wie NSU, rechte Kameradschaften und rechte Demonstrationen wurde verharmlost, ignoriert und sogar vertuscht. Oft wurden demokratische, antifaschistische Akteure und Gegendemonstranten kriminalisiert und juristisch verfolgt. Wie wird im Freistaat mit dem wichtigen Bildungsbaustein „politische Bildung“ umgegangen? Welchen Stellenwert haben politische und geschichtliche Bildung in den Lehrplänen? Ist die Förderung demokratischer Netzwerke den Erfordernissen angepasst? Sind die sächsische Justiz, die Sicherheitsorgane auf der Höhe ihrer Aufgaben? Ich verweise nur auf die in dieser Woche unter Oberhoheit des Bundes durchgeführte Aktion in Freital gegen dortige Gruppierungen von Rechtsaußen.

Erst in jüngster Zeit, nachdem im Rahmen der sächsischen Flüchtlingspolitik und der Aggressionen gegen Flüchtlinge und Flüchtlingsheime die Vorwürfe an die sächsische Regierung immer stärker wurden, und nachdem in der deutschen und internationalen Wahrnehmung immer deutlicher die sächsischen politischen Fehler angeprangert werden, setzt zumindest in Worten ein Umdenken ein. Die Vokabel „Unterschätzung“ greift um sich. War es aber nicht Bertolt Brecht, der auf den noch fruchtbaren Schoß hinwies?

Nicht nur Absichtserklärungen des Ministerpräsidenten während der jüngsten Sondersitzung des Landtages zur politischen Situation im Freistaat sind an der Zeit, sondern es müssen endlich seitens der sächsischen Landesregierung, aller Verantwortungsträger und Machtorgane entscheidende Taten folgen.

Die Aufforderung des Landes- und Fraktionsvorsitzenden der Partei DIE LINKE, Rico Gebhardt, nach den Landtagswahlen im März war richtig, sich ungeachtet der politischen Einzelziele zusammenzufinden, vorurteilsfrei die Versäumnisse der zurückliegenden 25 Jahre zu analysieren und gemeinsam ein Handlungskonzept zu entwickeln, um solchen rechtsgerichteten, fremdenfeindlichen Bewegungen in Sachsen wirksam entgegenzuwirken. Hier sollen aber auch der Landesvorsitzende der SPD, Martin Dulig, wie auch unsere Freunde von Bündnis 90 / Die Grünen genannt werden, die ebenfalls engagiert der rechten Szene entgegentreten. Aber auch in der Fraktion der CDU gibt es Unterstützer und Mitstreiter, von denen ich Frank Heidan persönlich kenne und achte. Tatsächlich gab es im Freistaat viele Versäumnisse und sorglose Zufriedenheit bei den politischen Verantwortungsträgern. Jetzt aber ist wirklich ein gebündeltes Handlungskonzept für die nächsten Jahre dringend erforderlich.

Breite und Vielfalt der politischen Akteure für diese Vorhaben sollte nicht eingeschränkt werden und die von uns oft kritisierte Extremismus- Klausel für die Bewertung politischer Akteure ist in diesem Zusammenhang auf den Prüfstand zu stellen.

Die Situation in Sachsen bestätigt uns als Verband aber in unserem Tun, das sich auf unser immerwährendes Arbeitsmotto bezieht: „Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!“

Liebe Kameradinnen und Kameraden,

„Unser Landesverband setzt sich aktiv, ideenreich und gewaltlos mit allen Erscheinungen des Neofaschismus, des Antisemitismus, des Rassismus und der Ausländerfeindlichkeit auseinander. Nachdrücklich kämpfen wir weiter für das Verbot und die Auflösung der NPD und aller neofaschistischen Organisationen. Jeder Verharmlosung der faschistischen Gefahr ist ebenso entgegen zu treten wie allen Versuchen ihrer Gleichsetzung mit linken Bestrebungen unter der Überschrift „Extremismus“. Gewalt und Sachzerstörung im Namen des Antifaschismus wird von uns strikt verurteilt. Wir wenden uns gegen alle Versuche, die Darstellung des faschistischen Regimes in Deutschland abzukoppeln von der Aufklärung über seine Ursachen. Der Schwur von Buchenwald nennt als Voraussetzung für den Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln. Diese Wurzeln sind verstärkt bewusst zu machen.“ Diese Orientierung aus dem Jahr 2013 war unsere Zielstellung für die vergangenen drei Jahre. Was haben wir getan? Was haben wir erreicht?

Überall in Sachsen sind unsere Kameraden aktive Mitgestalter und Mitstreiter in Bündnissen gegen Rechts. Einen besonderen Schwerpunkt bildet dabei die Landeshauptstadt Dresden. Unter aktiver Mitwirkung unserer Kameraden im Bündnis „Dresden Nazifrei“ ist es zum fünften Mal in Folge ist es gelungen, den größten Naziaufmarsch Europas zu verhindern. Dass der Naziaufmarsch am 13. Februar 2016 im Dresdner Stadtzentrum nunmehr so erfolgreich verhindert werden konnte, ist vor allem jenen zu verdanken, die sich ihr Recht auf zivilen Ungehorsam nicht haben nehmen lassen. Dazu gehören auch unsere Kameradinnen und Kameraden sowie Freunde von außerhalb, aus Berlin, Leipzig, Jena, Chemnitz und vielen weiteren Städten bundesweit. All diesen gebührt unser Dank.

Die Aktionen des Bündnisses haben auch 2016 nachhaltig für eine Demobilisierung der Nazis gesorgt. Das beweisen die Teilnehmerzahlen. Nach über 7.000 Teilnehmer im Jahr 2009 waren es in diesem Jahr gerade noch 500.

Der Mahngang „Täterspuren“ ist als Alternative zur bis dahin geltenden Erinnerungspolitik gedacht, nach der im stillen Gedenken an die Zerstörung der vorgeblich unschuldigen Kunst- und Kulturstadt Dresden gedacht werden sollte. Dass sich in den letzten Jahren einiges verändert hat, zeigt vor allem die Tatsache, dass auch im vierten Jahr der Durchführung des Mahnganges über 3.000 Menschen teilnahmen. Kritisch zur Teilnahme muss bemerkt werden, dass es uns nicht gelungen ist, die Generation der 40 bis 70 Jährigen in großer Anzahl zum Protest auf die Straße zu bringen.

Neben den Aktivitäten in der Stadt Dresden bildeten sich im Land Sachsen weitere Bündnisse wie „Dresden für alle“, „Herz statt Hetze“, „Leipzig nimmt Platz“, „Bautzen ist bunt“, „Chemnitz nazifrei“, „Zivilcourage Hoyerswerda“, oder auch „Vogtland gegen Rechts“, deren Mitglieder sich gerade intensiv auf Gegenaktionen zum bevorstehenden massiven Naziaufmarsch in Plauen am Ersten Mai vorbereiten.

Die Geschichts-, Erinnerungs- und Gedenkstättenarbeit bildete einen Schwerpunkt der Arbeit des Landesvorstandes. Noch können wir uns glücklich schätzen, dass wir in Sachsen Kameraden zur Verfügung haben, die der Generation entstammen, welche den Faschismus erlebt hat und trotz hohen Alters noch im Gespräch mit der jüngeren Generation zur Verfügung stehen. Dennoch mussten neue Wege gesucht werden. Die 2. und 3. Generation ist nun gefragt, um die Erinnerungsarbeit fortzuführen. Seit vier Jahren nehmen Zeitzeugen der 2. und 3. Generation am Projekt „Wider das Vergessen“ in Hoyerswerda teil.

Der Landesvorstand entwickelte in Kooperation mit unserem Mitglied des Stiftungsbeirates bei der Stiftung Sächsischer Gedenkstätten, Kameraden Prof. Uwe Hirschfeld, die Durchführung einer jährlichen Geschichtskonferenz. Seit 2014 finden diese Konferenzen an der Evangelischen Hochschule Dresden statt. Sie sind bedeutend, weil hier offenkundig wird, wie breite bündnispolitische Arbeit funktionieren kann. Für die erste liegt seit vorigem Jahr ein Protokollband zum Thema „Erinnern, wozu“ vor. Die zweite, durchgeführt im Mai 2015, stand unter dem Titel „Perspektiven der Befreiung“. Die dritte Konferenz am 25. Mai 2016 wird unter dem Thema „Erfahrungen des bürgerschaftlichen Engagements in der sächsischen Erinnerungs- und Gedenkpolitik an die NS-Diktatur“ vorbereitet. Wir rufen Euch auf, die Konferenz aktiv zu bewerben.

War vor einigen Jahren unsere Gedenkstättenarbeit noch durch das Ringen für eine Novellierung des Gedenkstättengesetzes geprägt, so geht es heute vor allem um dessen Verwirklichung. Da es in den vergangenen Jahren immer wieder zur ernsthaften Gefährdung der Stiftungsarbeit kam, an welcher der derzeitige Geschäftsführer der Stiftung, Herr Reiprich, nicht schuldlos ist, befinden wir uns seit 2015 in Gesprächen mit dem Ministerium für Wissenschaft und Kultur und den Fraktionen des Landtages. Im Mittelpunkt steht dabei die Verwirklichung der Konzeption zur Gestaltung der Zeit des Nationalsozialismus in der Gedenkstätte Bautzen.

Die Entwicklung und Erhaltung der Gedenkstätten gewinnt für den Landesvorstand und den Landesverband zunehmend an Bedeutung. Sie sind auch für die Zukunft, wenn unsere Zeitzeugen nicht mehr zur Verfügung, stehen, authentische Stätten der Erinnerung. Wie früher auch haben wir im Jahr 2015 einen Besuch einer Gedenkstätte absolviert. Sie fand in dem politisch hochbrisanten Gebiet der Sächsischen Schweiz, in dem frühen KZ Hohnstein, statt. Sowohl im Vorbereitungsprozess als auch beim Besuch mussten wir gravierende Mängel an den ehemaligen Gedenkstätten feststellen. In einem Gespräch mit dem Bürgermeister konnten aber Vereinbarungen zur Verbesserung des Zustandes getroffen werden. Von einer bemerkenswerten Initiative kann aus Klingenthal berichtet werden. Dort gelang es unseren Kameraden, im Rathaus einen „Ort der Erinnerung“ zu gestalten, in welchem auch das 1993 abgerissene VdN-Denkmal wieder einen würdigen Platz fand. Die Einrichtung dieses Gedenkortes wurde durch die Stadt Klingenthal sowie durch die Landtagsfraktion der LINKEN unterstützt.

Noch ein Wort zu den Kindern und Enkeln derer, die unter faschistischer Verfolgung leiden mussten, in Zuchthäusern und Konzentrationslagern eingekerkert waren und auch in vielen Fällen ihr Leben ließen. Unsere Arbeitsgruppe „2. und 3. Generation“ besteht seit April 2013. Begonnen haben wir mit 19 Kameradinnen und Kameraden. Zielstellung war und ist es, das Vermächtnis unserer Vorkämpfer zu bewahren und durch vielfältigen Formen der Öffentlichkeitsarbeit, durch Begleitung von Schulprojekten vor dem Vergessen zu bewahren. Um das zu erreichen, ist eine weitere personelle Bereitschaft zur aktiven Mitarbeit notwendig. Hier sind alle Basisorganisationen aufgerufen, sich zu beteiligen.

2016 beginnt eine Broschürenreihe zu unseren Zeitzeugen mit dem Titel „Wir haben noch etwas zu sagen“. Kinder und Enkel berichten aus ihrer Sicht unter Verwendung persönlicher Dokumente über ihre Eltern und Großeltern. Beginnen wollen wir mit dem Vater von Heiderose Gläß, Alfred Schneider, und mit dem Vater von Roland Hering, Arno Hering, – hier auch im Zusammenhang mit dem 80. Jahrestag der Interbrigaden. Unterlagen von Heidi Colditz zu Kurt Kresse liegen bereits vor und werden für die Broschüren vorbereitet. Gespräche gab es bereits mit den Schikora‘s zu deren Eltern und Großeltern. Es werden hiermit alle Kameradinnen und Kameraden aufgerufen, als Autoren tätig zu werden oder Dokumente, die sich in ihrem Besitz befinden, zur Verfügung zu stellen. Nur so kann das Projekt bis 2020 weitergeführt werden. Es gilt, die finanziellen Voraussetzungen zum Druck der Broschüren zu schaffen. Erst in dieser Woche leistete dazu die Linksfraktion im Sächsischen Landtag einen gewichtigen Beitrag. Eine dringende Aufgabe ist die Erfassung aller Dokumente, die sich im Privatbesitz befinden, um diese zu archivieren und um den Verlust weiterer Dokumente zu verhindern.

Die seit 2006 bestehenden Arbeitsgruppe „Kartenprojekt: Die terroristische Herrschaft der Nationalsozialisten in Sachsen“ (oder auch kurz Geschichtsatlas) unter Leitung von unserem Kamerad Dr. Hans Brenner leistete in den vergangenen Jahren eine umfangreiche und zeitaufwändige ehrenamtliche Forschungstätigkeit. Dafür verdienen alle daran Beteiligten unseren Dank.

Liebe Kameradinnen und Kameraden,

unser Landesvorstand kam regelmäßig jeden Monat zu Beratungen zusammen. Neben Einschätzungen zur Situation, zu Aktionen und Problemen in den Kreis- und Stadtverbänden und einem informativen Teil konzentrierten wir uns auf solche Themen, wie die Öffentlichkeitsarbeit, die Mitgliederentwicklung, soziale und kulturelle Fürsorge für unsere Kameraden und die Finanzarbeit. Unsere durchgeführten Zusammenkünfte mit den Vorsitzenden und den Schatzmeistern der Stadt- und Kreisverbände dienten sowohl der Vermittlung von Argumenten zu aktuell politischen Fragen als auch dem Erfahrungsaustausch zwischen Kameraden aus den verschiedenen Regionen Sachsens.

Eine Arbeitsgruppe des Landesvorstandes war über ein Jahr bemüht, aus Vorschlägen und Kritiken des Stadtvorstandes Chemnitz des VVN-BdA praktikable Lösungsvarianten abzuleiten. Während der Arbeit dieser Gruppe kam es zu Missverständnissen und Verstimmungen, die bis heute nicht völlig ausgeräumt werden konnten. Dessen ungeachtet konnten wir im Landesvorstand im Oktober 2015 einen Beschluss fassen, in welchem wesentliche Eckpunkte der geführten Diskussionen erfasst wurden und einige Schlussfolgerungen bindend getroffen wurden.

Liebe Kameradinnen und Kameraden,

im vergangenen Jahr haben wir mit vielfältigen Veranstaltungen in vielen Städten den 70. Jahrestag der Befreiung Deutschlands vom Hitlerfaschismus gewürdigt. Besonders wurde der große Beitrag der Sowjetunion und der Roten Armee in der Antihitlerkoalition dabei hervorgehoben. Als Landesvorstand haben wir aus diesem Anlass eine würdige Gedenkveranstaltung in Dresden durchgeführt, an der Kameraden aus allen Regionen Sachsens teilnahmen. Die Anwesenheit unserer Ehrenmitglieder und des Ehrenvorsitzenden, Frido Seydewitz, sowie des Fraktionsvorsitzender der Linken, Rico Gebhardt, bestärkte unseren Willen, „Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg“ zuzulassen. In ihrer Festrede hob die Ministerin Dr. Eva-Maria Stange nicht nur die Bedeutung der Befreiung hervor, sondern betonte auch die Bedeutung und Notwendigkeit unserer Vereinigung im heutigen Kampf gegen Neofaschismus, Rechtsradikalismus und Fremdenfeindlichkeit. Ein auf den Tag der Befreiung ausgerichtetes anspruchsvolles Kulturprogramm rundete die Feierstunde ab. Unsere kleine Verbandszeitung „Der Winkel“ berichtete davon.

Damit wäre ich bei dem sensiblen Thema „Öffentlichkeitsarbeit“ angekommen. Die Öffentlichkeitsarbeit ist ein Kernstück des Wirkens unseres Verbandes, eine Querschnittsaufgabe, die jeden Kameraden, jeden Vorstand angeht. Nur durch eine ständige, planmäßige und effektvolle Öffentlichkeitsarbeit werden wir in der Gesellschaft wahrgenommen. Sie führt dazu, dass wir von den entsprechenden Kräften als Unterstützer, als Verbündete, als Gefährten im Kampf gegen Rechtsextremismus, gegen Rassismus, Antisemitismus und Ausländerfeindlichkeit akzeptiert werden. Öffentlichkeitsarbeit ist alles, wo der Einzelne und der Verband auftreten und wirksam werden.

Die Formen der Öffentlichkeit sind vielfältig. Seien es unsere Gedenkveranstaltungen im Januar, zum 8. Mai, Anfang September oder zum 9. November, seien es Pressemitteilungen, Erklärungen zu aktuellen Ereignissen oder auch die Durchführung von Geschichtsforen oder Zeitzeugengespräche, auch Buch- und Broschürenprojekte – das alles trägt dazu bei, unser Anliegen bekannt zu machen. Und über das Bekanntmachen hinaus wollen wir auch diesen und jenen gewinnen, bei uns als Mitglied mitzumachen.

Besondere Aufmerksamkeit fanden und finden wir zu den „Tagen der Sachsen“, an denen wir uns stets mit einer eigenen Präsentation beteiligen. Das war in Schwarzenberg, in Großenhain und Wurzen so, und das auch in diesem Jahr in Limbach-Oberfrohna so sein. Es kommt zu vielfältigen Gesprächen, Informationsmaterial wird angenommen, und oft hören wir: „Es ist gut, dass es euch noch gibt.“ Jedoch gibt es zu der Aufforderung, mitzumachen, sich gar bei uns zu organisieren, nur eine sehr geringe Resonanz.

Im September 2013 beschäftigte sich der Landesvorstand mit Fragen der Öffentlichkeitsarbeit. Es wurde vereinbart, dass zu jeder Landesvorstandssitzung ein Tagesordnungspunkt „Zuarbeit für Zeitung und Internet“ zu behandeln ist. Da das Internet vor allem für unsere älteren, sehr alten Kameraden kein adäquates Kommunikationsmittel ist, wurde der Auftrag ausgelöst, ein kleines Informationsblatt zu entwerfen. Dieses erschien erstmals im Januar 2014: unser „Winkel“. Das bisherige Redaktionskollektiv, welches bis Mitte 2012 bestand, schrumpfte dennoch auf derzeit drei Mitglieder. Das sind Roland Hering aus Radebeul, Peter Giersich aus Auerbach und Heiko Adam aus Dresden, der sich vorrangig um das Internet kümmert. Er hat unsere Internetseite neu gestaltet, die jetzt unter der Web-Adresse „http://sachsen.vvn-bda.de/“ oder über die Bundesseite, Rubrik: Verband – Landes- und Kreisvereinigungen, zu erreichen ist. Doch auch hier – wie bei der Zeitung – ist die noch nicht zufriedenstellende inhaltliche Gestaltung der mangelnden Mitarbeit in der Redaktion und Zuarbeit aus den Stadt- und Kreisverbänden geschuldet. Wir haben uns über Jahre mit unserem Internet-Auftritt beschäftigt, aber bisher immer noch nicht zu einer befriedigenden Lösung gefunden. Wir brauchen unbedingt geeignete Mitstreiter für diese Aufgabe und bitten Euch alle, dazu Vorschläge zu unterbreiten. Die Präsenz im Internet ist für uns unverzichtbar. Hier erreichen wir unabhängig von Medien und Redaktionen eine breite Öffentlichkeit. Alle Kreisvorstände sind also erneut aufgefordert, für diesen Strang der Öffentlichkeitsarbeit Zuarbeiten zu leisten. Damit können auch Voraussetzungen geschaffen werden zur Kommunikation der einzelnen Gliederungen untereinander, verbessertes Wissen über den Nachbarn, für Vernetzungen und förderlichen Erfahrungsaustausch an der Basis.

Liebe Delegierte,

Der vorgetragene Bericht des Landesvorstandes lässt erkennen, dass wir trotz Verringerung unserer Mitgliederzahl und Erhöhung des Altersdurchschnitts vieles erreicht haben. Es wurde aber auch deutlich, welche Schwierigkeiten bei der Erfüllung der Aufgaben bestehen und wo wir nur unzureichende Ergebnisse erreicht haben.

Für die Zukunft gilt es, folgende Aufgaben in den Mittelpunkt unserer Arbeit zu stellen:

  • die Gewinnung von neuen Mitgliedern aus allen Altersstufen;
  • die Aktivitäten gemeinsam mit Bündnispartnern zu erhöhen und sie zu bündeln im Kampf gegen neonazistische, rassistische und ausländerfeindliche Bewegungen;
  • die Forderung zum Verbot der NPD und aller nazistischen Organisationen weiter in den Mittelpunkt zu stellen, ohne dies als Allheilmittel anzusehen;
  • die Gedenkstättenarbeit und die Erinnerungskultur kontinuierlich fortzusetzen und weiter zu entwickeln;
  • die verstärkte Einbeziehung der 2. und 3. Generation in die Zeitzeugenarbeit;
  • die Öffentlichkeitsarbeit in allen Bereichen wie: „antifa-Magazin“ und „Winkel“, Internetarbeit als auch die regionale Pressearbeit zu intensivieren;
  • die Erarbeitung einer neuen Organisationsstruktur des Landesverbandes in Angriff zu nehmen und dabei die Kameraden zu berücksichtigen, die bisher keinem Stadt-oder Kreisverband angehören.

Liebe Kameradinnen und Kameraden,

grundsätzlich treten wir Antifaschisten heute ein:

  • für die Erhaltung und die Erweiterung demokratischer Rechte und Freiheiten und für die Ausweitung der politischen und gesellschaftlichen Mitwirkungsmöglichkeiten;
  • für friedliche Lösungen insbesondere zwischenstaatlicher Konflikte und für die Ächtung von Gewalt als Mittel der Politik;
  • für den Auf- und Ausbau einer solidarischen Gesellschaft, die keine rassistischen oder sozialen Ausgrenzungen zulässt und soziale Sicherungssysteme entwickelt, die allen ein menschenwürdiges Leben ermöglicht. Dazu gehören das Recht auf Arbeit und Wohnung, die Verwirklichung umfassender sozialer Gerechtigkeit sowie des Rechts auf Asyl und Hilfe für Flüchtlinge;
  • für die Anerkennung der historischen Leistungen der Frauen und Männer aus dem antifaschistischen Widerstand, für ein angemessenes Gedenken an die Opfer des Faschismus und damit für die Entwicklung eines antifaschistischen Geschichtsbildes.

Zentral ist dabei nicht die inhaltliche Anerkennung dieser gesellschaftlichen Perspektiven, sondern das aktive Handeln für diese Ziele. Wir Antifaschisten haben zudem heute die Verantwortung, die Erfahrungen aus der Geschichte des antifaschistischen Kampfes zu bewahren und weiterzugeben.

Am Ende unseres Berichtes möchte sich der Landesvorstand bei allen, die uns unterstützt haben, bedanken. Einen besonderen Dank den Mitgliedern des Landesvorstandes, den Vorständen der Stadt- und Kreisverbände, dem Redaktionskollektiv, der Geschäftsstelle und allen Mitgliedern der Arbeitsgruppen.

Für den heute zu wählenden Landesvorstand gibt es bereits einige Arbeitsvorschläge, wie Hinweise zu politischen Höhepunkten und Gedenktagen in diesem Jahr, so zum 75. Jahrestag des Überfalls auf die Sowjetunion, zum Sachsenburger Dialog im Juni, zum Gedenktag für die Opfer des Faschismus am zweiten Sonntag im September, zur Reichspogromnacht und zum Tag der Sachsen. Eine besondere Würdigung sollte der 80. Jahrestag der Bildung der Interbrigaden erfahren: Der Landesvorstand soll eine zentrale Gedenkveranstaltung vorbereiten dabei die Stadt- und Kreisverbände in Vorbereitung und Durchführung aktiv einbeziehen. Durch den Verein „Kämpfer und Freunde der Spanischen Republik“ (KFSR) aus Berlin werden ebenfalls zentrale Veranstaltungen organisiert. Dem neuen Landesvorstand wird empfohlen, Verbindung zum KFSR aufzunehmen, um gegenseitige Unterstützung und Kooperation abzustimmen.

Ich wünsche uns für die Erfüllung der vor uns stehenden Aufgaben Erfolg. Ich wünsche uns Gesundheit und Freude an der antifaschistischen Arbeit.

Da unser Jahr 2016 das achtzigste Jahr der Internationalen Brigaden ist, schließe ich mit den Worten: No Pasaran! Venceremos! Sie werden nicht durchkommen! Wir werden siegen!